Themenschwerpunkt Phosphor

Vorgaben zur Phosphorrückgewinnung

Bereits jetzt ist eine möglichst hochwertige Klärschlammverwertung, nach Möglichkeit unter Nutzung einer Phosphorrückgewinnung anzustreben. Ab 2029 wird eine verpflichtende Phosphorrückgewinnung eingeführt, sofern ein Klärschlamm mind. 20 g P/kg TM Klärschlamm enthält. Dies gilt zunächst für alle Klärschlämme, wobei zukünftig Ausnahme möglich sind und auch andere Verwertungswege möglich bleiben (allerdings nur bis zu einer bestimmten Ausbaugröße der Kläranlage, aus der der Klärschlamm stammt). Für Klärschlämme aus diesen Größenklassen kann aber auch weiterhin eine bodenbezogene Verwertung umgesetzt werden, hierzu wird keine spezielle "Ausnahmegenehmigung'" (Zustimmung der Behörde) benötigt.

Wichtig ist, dass bereits im Rahmen der Abwasserbehandlung (also z.B. im Abwasserstrom) ansetzende Verfahren aus rechtlicher Sicht noch nicht zur Phosphorrückgewinnungspflicht beitragen, da diese erst im Klärschlamm (=Abfall aus der Abwasserbehandlung) ansetzt. Sie können aber dennoch genutzt werden, um z.B. die Entwässerung zu beeinflussen oder um den Phosphorgehalt im Klärschlamm durch Vorabentzug aus dem Prozess zu verringern, sodass die Grenzmarke von 20 g P/kg TM unterschritten wird.

Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die Vorgaben hinsichtlich einer Rückgewinnung (wenn keine bodenbezogene Verwertung erlaubt ist oder angestrebt wird).

Um die Grafik vergrößert zu betrachten, klicken Sie auf das Bild.

 

Beratungsstelle Phosphorrückgewinnung des Bayerischen Landesamts für Umwelt

Am Bayerischen Landesamt für Umwelt wurde zur Unterstützung bei der Umsetzung der zukünftigen Pflicht zur Phosphorrückgewinnung eine Beratungsstelle eingerichtet.

Hier erhalten Sie weitere Informationen zur Beratungsstelle.

Deutsche Phosphor-Plattform (DPP)

Die Deutsche Phosphor-Plattform DPP e.V. ist ein weiteres Netzwerk zur Förderung der Rückgewinnung von Phosphor und zum nachhaltigen Einsatz der rückgewonnenen Produkte.
Auf der Homepage der DPP finden Sie weitere Informationen zum Thema Phosphorrückgewinnung.

Hier erhalten Sie weitere Informationen zur DPP.

Grundsätzliches zu Phosphor im Klärschlamm

Je nach Vorhandensein und Art einer Phosphorelimination auf Kläranlagen (Bio-P oder Fällung mit Al, Fe) liegt Phosphor in unterschiedlichen Bindungsformen vor. Grundsätzlich kann zwischen chemisch gebundenem Phosphor (also z. B. durch eine Ausfällung mit Eisen-/Aluminiumsalzen), biologisch gebundenem Phosphor (also z. B.  in den Bakterien einer Bio-P) und gelöstem Phosphor (ortho-Phosphat) unterschieden werden. Die grundsätzliche Art der Phosphorelimination kann beeinflussen, ob und mit welchem Aufwand Phosphor aus dem Klärschlamm zurückgewonnen werden kann. Im anaeroben Milieu wird z. B. biologisch gebundener Phosphor wieder in lösliche Form überführt, wohingegen chemisch gebundener Phosphor in der Regel nur durch Zugabe von Säuren wieder in Lösung gebracht werden kann. In Klärschlammaschen liegt Phosphor vorwiegend in einer schwer löslichen Form vor, weshalb auch hier häufig Säuren (Phosphorsäure, Salzsäure, Schwefelsäure) zur pH-Wert-Absenkung zum Einsatz kommen, um diesen wieder in Lösung zu bringen und in nun besser pflanzenverfügbarer Form nach Trocknung der Asche einer weiteren Verwendung zuzuführen oder ggf. weiter aufzureinigen (z.B. um Phosphorrezyklate höherer Qualität zu erreichen).

Verfahren der Phosphorrückgewinnung

Im Folgenden haben wir Ihnen in Kürze einige Phosphorrückgewinnungsverfahren und weiterführende Links zusammengestellt.

Rückgewinnung aus Klärschlamm
AirPrex®

Das AirPrex®-Verfahren ist ein Verfahren, das in Verbindung mit einer biologischen Phosphotelimination eingesetzt wird.
Nach der Faulung wird der Klärschlamm einer Luftstrippung unterzogen. Durch Luftzuführung wird hierbei CO2 ausgegast und der pH-Wert auf ca. 8 (+/- 0,2) angehoben.
Durch Zugabe von Magnesiumchlorid (MgCl2) bilden sich Magnesium-Ammonium-Phosphat-Kristalle (MAP, Struvit), welche anschließend im Prozess abgetrennt und aufgereinigt werden.

Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist, dass sich im anaeroben Milieu des Faulturms eine Rücklösung des in der Biomasse gebundenen Phosphors in ortho-Phosphat einstellen kann, die einerseits durch eine unkontrollierte MAP-Ausfällung zu unerwünschten Ablagerungen in Rohren, Pumpen etc. führen kann und andererseits zu einer Verschlechterung der Entwässerung sowie ggf. durch eine höhere Rückbelastung der Kläranlage durch im Filtratwasser enthaltenes ortho-Phosphat. Durch die gezielte Ausfällung von MAP im AirPrex-Verfahren und Abtrennung von MAP im Prozess vor der Entwässerung kann der Anlagenverschleiß reduziert, die Entwässerung verbessert und die Rückbelastung reduziert werden.

Am Standort KA Waßmanndorf der Berliner Wasserbetriebe (BWB) wurde das Verfahren eingesetzt und das erzeugte Produkt als "Berliner Pflanze" vermarktet. Allerdings konnten hiermit die zukünftig erforderlichen Quoten der AbfKlärV nicht erreicht werden. Zukünftig ist daher geplant, die anfallenden Klärschlämme einer thermischen Behandlung zuzuführen und eine Phosphorrückgewinnung aus der Asche vorzunehmen (weitere Informationen hierzu erhalten Sie hier).

Weitere Informationen zum Verfahren:

Stuttgarter Verfahren

Beim Stuttgarter Verfahren wird ausgefaulter Klärschlamm mittels Schwefelsäure (Ziel-pH-Bereich ca. 4-5) aufgeschlossen. Je nach Art des eingesetzten Verfahrens zur Phosphatelimination im Abwasserstrom (Bio-P, Al- oder Fe-Fällung) ist ein variierender Mengeneinsatz an Säure erforderlich, um den Phosphor in Lösung zu bringen. Anschließend erfolgt eine Fest-Flüssig-Trennung, wobei ein phosphatarmer Filterkuchen und phosphatreiches Filtrat anfällt. Im phosphatreichen Filtrat sind jedoch auch die gelösten Metallionen enthalten, weshalb diesem Zitronensäure zugegeben wird, um diese zu komplexieren. Über eine Ultrafiltration werden Störstoffe abgetrennt und zurückgeführt. Das Permeat (also der filtrierte Anteil) wird dann mit Natronlauge und Magnesiumsalz versetzt, wodurch der pH-Wert abgesenkt und MAP (Magnesium-Ammonium-Phosphat, Struvit) ausgefällt wird. Nach einer Auskristallisation wird das erzeugte MAP abgetrennt.

Weitere Informationen zum Verfahren:

 

Rückgewinnung aus Klärschlammasche
Ash2®Phos

Ash2®Phos ist ein nasschemisches Verfahren, bei dem Klärschlammasche zunächst durch Zugabe von Salzsäure aufgeschlossen wird. Rückgewinnbare Elemente wie Eisen, Aluminium und Phosphor werden abgetrennt und unter Kalkzugabe zu Eisenhydroxid/Aluminiumhydroxid und Calciumphosphat als Zwischenprodukte. Diese Zwischenprodukte können dann weiter aufbereitet werden, z. B. zu Aluminiumchlorid/Aluminiumsulfat, Eisenchlorid und für den Phosphatanteil zu MAP, Superphosphat oder Phosphorsäure.

Das Ash®Phos-Verfahren ist patentiert, ein exklusiver Nutzungsvertrag wurde zwischen EasyMining und Gelsenwasser geschlossen (weitere Informationen hier). In Deutschland darf daher das Ash2®Phos-Verfahren ausschließlich von Gelsenwasser verwendet werden.

Am Standort einer geplanten Klärschlammverbrennungsanlage (Walheim, Baden-Württemberg, 45.000 t TM) soll in Kooperation zwischen der EnBW-Tochter Mobile Schlammentwässerung GmbH (MSE), dem Wasser- und Abwasserunternehmen Gelsenwasser und der Deutschland-Tochter des schwedischen Recyclers Easymining eine großtechnische Umsetzung mit dem Ash2Phos-Verfahren erfolgen (weitere Informationen finden Sie hier). Die durch EasyMining und Gelsenwasser gegründete Phosphorgewinnung Schkopau GmbH (PGS) plant eine Umsetzung am Standort Schkopau (weitere Informationen finden Sie hier).

Weitere Informationen:

AshDec®

Beim AshDec®-Verfahren handelt es sich um ein thermochemisches Verfahren, bei dem Klärschlammasche und getrockneter Klärschlamm in einem Drehrohrofen (um ca. 900 °C) unter Zugabe von Alkaliverbindungen (Na-, K-) - in ersten Versionen des Verfahrens Magnesiumchlorid bzw. Calciumchlorid - thermisch aufgeschlossen werden. Die bei diesen Temperaturen flüchtigen Schwermetalle wie Cadmium oder Quecksilber können über die Gasphase abgetrennt werden.

Eine großtechnische AshDec®-Anlage soll im Rahmen des RePhor-Projekts R-Rhenania am Standort Altenstadt in Bayern errichtet werden (weitere Informationen erhalten Sie hier).

Weitere Informationen:

EuPhoRe®

Das EuPhoRe®-Verfahren ist ein thermochemisches Verfahren in einem Drehrohrofen, das aber - z. B. abweichend vom AshDec-Verfahren, direkt am Einsatzstoff Klärschlamm (und nicht erst der Klärschlammasche) ansetzt. Es findet somit ein fließender Übergang der thermischen Klärschlammbehandlung mit Konditionierung der erzeugten Asche statt. Durch Alkali/Erdalkalisulfat- oder chloridzugabe wird der Klärschlamm konditioniert, wobei hierdurch ein Schwermetallaustrag angestoßen und die spätere Phosphorlöslichkeit in der Asche erhöht wird. Im Prozess erfolgt dann eine Reduktion der Metalle in einer Pyrolysestufe und die Überführung von Chloriden in die Gasphase. Beim Übergang in die Verbrennungsstufe werden organische Schadstoffe zerstört und es erfolgt eine "Umkristallisation" der Mineralik, wodurch eine erhöhte Phosphatlöslichkeit umgesetzt wird.

Besonderer Vorteil ist die Umsetzung der thermischen Behandlung und weiteren Aufbereitung in einem Verfahren.

Weitere Informationen:

Parforce

Das ParForce-Verfahren ist ein nasschemisches Verfahren, mit dem durch Zugabe von Salz- oder Salpetersäure verschiedene Ausgangsstoffe (z. B. MAP, Klärschlammasche) aufgeschlossen werden. Anschließend erfolgt eine Filtration. Das phosphorreiche Filtrat wird mittels Elektrodialyse in Rohphoshorsäure und andere Bestandteile (Ca, Mg etc.) geteilt. Die Rohphoshorsäure wird konzentriert und kann anschließend noch weiter aufbereitet werden.

Weitere Informationen:

Phos4green

Durch Säurezugabe zu Klärschlammasche wird Phosphat gelöst und eine Suspension erzeugt, welche anschließend sprühgranuliert wird und als Dünger direkt eingesetzt werden soll. Das Verfahren ist patentiert. Eine industrielle Anlage wurde 2021 beim Entwicklungspartner SERAPLANT in Betrieb genommen (weitere Informationen finden Sie hier).

Weitere Informationen:

TetraPhos®

Beim nasschemischen TetraPhos®-Verfahren wird Klärschlammasche mit Phosphorsäure aufgeschlossen, wodurch Phosphat (und Schwermetalle) in Lösung gebracht wird. Durch Sulfidzugabe werden einige Schwermetalle gefällt und gehen in die feste Phase über. Nach einer Filtration wird das Filtrat, welches noch Eisen, Aluminium, Calcium und Phosphor enthält, unter Zugabe von Schwefelsäure behandelt und Gips ausgefällt, welcher abgetrennt wird. Eisen und Aluminium werden über Ionenaustauscher entfernt, sodass am Ende eine etwa 25%ige Phosphorsäure erzeugt wird, welche teilweise wieder im Prozess rückgeführt und zum Aufschluss der nächsten Asche eingesetzt werden kann. Der nicht rückgeführte Phosphorsäureanteil kann aufkonzentriert und weiter vermarktet werden. Eisen und Aluminium, welche im Kationenaustauscher gebunden wurden, können durch Zugabe von Salzsäure gelöst werden und nach eine Filtration als Eisen-/Aluminiumchloridlösung als Fällmittel zur P-Elimination wieder auf der Kläranlage eingesetzt werden.

Das Verfahren ist seit 2014 durch REMONDIS patentiert (weitere Informationen erhalten Sie hier). 2020 wurde eine großtechnische Umsetzung am Standort Hamburg umgesetzt.

Weitere Informationen: